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Vor 3 Jahren kaufte ich mir mein erstes Velomobil. Warum ich dies nun verkaufte, warum es ein Milan SL wurde sowie über meine Erfahrungen nach den ersten 2.500 Kilometern möchte ich hier berichten.

Warum ein neues Velomobil kaufen?

Mit meinem DF von Intercity Bike bin ich in den letzten 3 Jahren rund 10.000 Kilometer gefahren. Abgesehen von dem einen oder anderen Plattfuß gab es keine technischen Defekte. Das DF lief absolut zuverlässig und doch habe ich es wieder verkauft! Warum? Ganz einfach: Das Leben ist zu kurz, um nur ein Velomobil zu fahren!

Die Qual der Wahl

In den vergangenen Jahren sind viele neue Velomobil-Modelle auf den Markt gekommen: Der neue Milan MK 7, das Alpha 7 oder das Snoek. Letztgenanntes kam für mich nicht in Frage, weil mir das Raumangebot zu klein war und ich mit meinen 1,76 wohl auch nur soeben reingepasst hätte. Außerdem war es 2021 brandneu rausgekommen und ich wollte keine Kinderkrankheiten durchmachen.

Im Juni vergangenen Jahreshabe ich bei Velowerk in Siedenburg dann das Alpha 7 und den Milan SL Probe gefahren. Am Ende habe ich mich dann für den Milan SL entschieden aus folgenden Gründen:

  1. Das Alpha Seven war mir zu groß! Der Innenraum war noch einmal deutlich größer als beim DF. Und da ich keine größeren Urlaubsreisen geplant habe … .
  2. Ebenfalls nicht gefallen am Alpha 7 hat mir die Haube. Die klappbare Haube des Milan dagegen fand ich einfach deutlich praktischer und auch der ein und Ausstieg waren deutlich komfortabler. Für den Milan gibt´s neben der Battle-Mountain-Haube auch die Ying-Yang Haube. Für mich ideal, d.h. im Winter und bei schlechtem Wetter fahre ich geschlossen und bei wärmerem Wetter wird aus dem vollverschalten Milan ein Cabriolet! Super!
  3. Das absolute Killerkriterium jedoch waren die Straßenlage, der Fahrkomfort und die Sitzposition. Der Milan fuhr sich wie auf Schienen und ließ sich auch von stärkerem Seitenwind oder Windböen nicht aus der Ruhe bringen. Zudem liegt man im Milan anstatt zu sitzen; das ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig aber gerade auf der Langstrecke ideal!

Mein erstes Fazit nach circa 5 Monaten und 2.500 gefahrenen Kilometern

Sitzposition:
Diese war, wie zu erwarten, zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Meine Muskulatur im unteren Rückenbereich musste sich erst noch anpassen … hat so ca. 1.000 km gebraucht, aber jetzt fühle ich mich pudelwohl.

Wie zuvor erwähnt … im Milan liegt man deutlich flacher als im DF beziehungsweise Alpha 7. Der Milan ist trotz seiner sportlichen Auslegung extrem bequem und damit besonders für längere Strecken hervorragend geeignet. Fühlt sich an wie ein gut sitzender, eng anliegender Lederhandschuh!

Antrieb / Übersetzung:
Nach der ersten Inspektion habe ich die ab Werk gelieferte Übersetzung ausgetauscht. Vorne fahre ich jetzt 65/39 und hinten 11/42. So kann ich im Flachen alles auf dem großen Blatt fahren. Und wenn es bergig wird, bietet das kleine Kettenblatt alles was ich am Berg brauche. Im Extremfall kann ich so in Schrittgeschwindigkeit auch Steigungen mit zweistelligen Prozentwerten meistern.

Beim Schalten vorne, vom kleinen auf das große Kettenblatt, bin ich allerdings anfangs verzweifelt, weil die Kette nur selten oder gar nicht wieder auf das große Blatt zurück wollte. Aber beim letzten 300er Brevet im Teutoburger Wald hatte ich ausreichend Gelegenheit zu üben. Der Trick ist, beim Raufschalten vorne nur ganz langsam zu pedalieren. Durch die Steighilfen klettert die Kette dann auch wieder einigermaßen geräuschlos.

Fahren mit dem Milan
Im Milan SL zu fahren ist ein Traum. Hier macht sich offenbar die jahrelange und konsequente Weiterentwicklung bemerkbar, denn weder starker Wind noch Straßen-Unebenheiten bringen den Milan aus der Ruhe man fühlt sich so sicher wie in Abrahams Schoß. Kleiner Tipp: Nicht versuchen ständig gegenzulenken … stattdessen einfach laufen lassen; ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig aber der Milan korrigiert sich selbst!

Zum tollen Fahrkomfort trägt sicherlich auch das Federbein mit Luftfederung bei, wenngleich mir hier der direkte Vergleich zur „normalen“ Federung beim SL fehlt.

Einzig die Lautstärke im Milan bei geschlossener Haube nervt, weshalb ich mit Ohrstöpseln fahre. Für den Kettenschacht hinten habe ich mir aus den Resten einer Isomatte eine Abdeckung geschnitten. Gegen das Rappeln der Haube auf der Karosserie habe ich einige Filzgleiter angebracht. Das hat den Lärm auf jeden Fall gemindert.

Am liebsten jedoch fahre ich offen, d.h. entweder mit der Ying-Yang Haube oder wenn es noch heißer wird, ganz ohne Haube und ohne den Deckel der Wartungsluke vorne!

Karosserie:
Der große Einstieg und die Haube machen das ein und aussteigen sehr bequem. Durch die flachere Liegeposition leidet die Übersicht im Straßenverkehr nur minimal. Beim Fahren mit geschlossener Haube ist es selbst bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt im Velomobil angenehm temperiert. Draußen wärmer wird werde ich sicherlich die Ying Yang Haube fahren.

Die Radabdeckungen vorne bringen schon den ein oder Kilometer pro Stunde Geschwindigkeitszuwachs. Allerdings wird dadurch die Wartung, bspw. Reifenwechsel, umständlicher und der Wendekreis wird spürbar größer.

Beleuchtung:
Vorne ist eine Lupine SL AF verbaut; also Lupine-Power mit Straßenzulassung und Fernlicht. Da wird die Nacht zum Tag!

Hinten ist nicht nur die serienmäßigen Rücklicht-LEDs verbaut. Zusätzlich strahlen noch die beiden Kellermänner, die auch noch als Blinker und Bremslicht agieren!! Da braucht es schon einen dicken Akku!

Sonstiges:
Da die Hauben aus Carbon sind und so den GPS-Empfang meinen Fahrrad-Computern stark beeinträchtigen, habe ich einen GPS-Verstärker aus dem KFZ-Zubehörhandel installiert … funktioniert bestens!

Ausstattung (ab Werk)

  • Rot metallic (Unterseite des Fahrzeuges) / Weiß metallic (Top Seite der Karosserie) Battle Mountain Haube
  • Sichtfenster BMH
  • 2 Spiegelkappen rot metallic
  • 2 Kellermann Rücklichteinheiten (RL, BL, Blinker)
  • 90mm Trommelbremsanlage
  • 2 Gepäckfächer
  • Rangieröse
  • 1 Tacho Cat eye Enduro
  • Hinterrad Größe 27,5“ (584)
  • Luftfederung
  • Scheinwerfer Lupine SL AF
  • Reifen 28-406 Contact speed
  • KHE Felgen
  • Standard Lichtanlage (Fahrzeugheck) zusätzlich

Technische Daten

  • Milan SL MK7
  • Gewicht: 24 kg
  • Länge: 273 cm
  • Breite: 70 cm
  • Höhe: 82 cm
  • Spurbreite: 58.5 cm
  • Radstand: 127 cm
  • min. Länge Fahrer: 168 cm
  • max. Schulterbreite: 50 cm
  • max. Schuhgröße: 47
  • Wendekreis bei 28mm: 14 m