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Pendeln mit dem PKW – Meine Ökobilanz
Mein ganzes Berufsleben lang fahre ich täglich vom Ruhrgebiet nach Düsseldorf zur Arbeit und wieder zurück nach Hause. Wer die A3 kennt, der weiß wie das ist; auch in diesem Jahr wurde die A3 wieder zur staureichsten Autobahn in Deutschland gewählt … Herzlichen Glückwunsch! Das kostet viel Nerven, Zeit und und natürlich Geld, denn bei einer jährlichen Wegstrecke von ca. 17.000 km (nur für die Fahrten zur Arbeit) kommt da Einiges zusammen: Wertverlust, Sprit, Wartung- und Inspektionskosten, Verschleiß, Steuern und Versicherung … das waren allein im letzten Jahr bei mir über 7.500€!!
Abgesehen von den Kosten ist mein ökologischer Fußabdruck durchs Pendeln schon gewaltig. So produziere alleine ich durch meine Fahrten zur Arbeit einen CO2-Ausstoß von unglaublichen 3,7 Tonnen pro Jahr!!
Ich bin ganz bestimmt kein „Ökospinner“ oder „Weltverbesserer“, schon gar nicht möchte ich hier Andere missionieren, aber wer Kinder hat, der sieht die Welt dann doch mit anderen Augen und deshalb möchte ich hier auch nur von meinen persönlichen Erfahrungen berichten ohne die Moralkeule zu schwingen!
Und jetzt? Pendeln mit dem Rad?
Nachdem ich in den letzten Jahren diverse Fahrradtypen gefahren bin, hauptsächlich MTB und RR, habe ich mir vor ca. 1 Jahr ein Velomobil gekauft. Ein Velomobil (VM) ist ein dreirädriges, vollverkleidetes Liegerad und wird allein durch Muskelkraft betrieben; es besitzt also keinen Motor!. Im Gegensatz zu „normalen Fahrrädern“ bieten Velomobile einen sehr guten Wetterschutz vor Kälte, Wind und Regen und sind damit für jedes Wetter geeignet. Wer möchte findet hier oder hier weitere Infos.
In erster Linie fahre ich mit dem VM in meiner Freizeit durch meine Heimat, das Ruhrgebiet, halte mich so fit und suche neuen Stoff für meinen Blog. Aber schon beim Kauf hatte ich auch den Plan damit früher oder später zur Arbeit zu pendeln.
Mein Arbeitgeber …
… unterstützt das Thema Radfahren aktiv und bietet so neben einem attraktiven “Fahrrad-Leasing“ für auch Tiefgaragenstellplätze für Fahrräder, Umkleideräume und Duschen an! Top! Es gibt also keine Ausrede, nicht das Rad zu nutzen.
Schluss mit dem Gerede – statt dessen einfach mal machen!
Los geht es mit einigen Vorbereitungen!
Routenplanung: Mit Hilfe von Garmin, Strava, Komoot und BRouter habe ich am Rechner zuhause verschiedene Radrouten geplant, in GoogleMaps übereinander gelegt, verglichen und optimiert. Ergebnis sind verschiedene Strecken zwischen 42 und 48 km. Da ich nicht untrainiert bin eigentlich kein Problem. Mehr Sorgen macht mir da schon die eigentliche Streckenführung, denn ein Großteil der Route führt mitten durch die Stadt!
Packen: Es ist schon erstaunlich, was da so Alles zusammen kommt: Fahrradbekleidung für unterwegs (Hin- und Rückfahrt), Verpflegung, Duschzeug, Klamotten für´s Büro und natürlich mein Laptop und was man sonst noch so für den Job benötigt. Da ich auch von zuhause arbeite, muss ich Vieles ständig mitnehmen.
Die ersten Fahrten im Berufsverkehr
Am ersten Tag starte ich um 7:00 von zu hause bei trockenem Wetter und 12 Grad Lufttemperatur mit meinem Velomobil. Im Büro habe ich keine frühen Termine und da wir generell flexible Arbeitszeiten haben, kann ich ohne Zeitdruck fahren.
Den Großteil der Strecke bin ich noch nie gefahren (mit Auto halt Autobahn) weshalb ich für jeden Streckenabschnitt aufs Neue entscheiden muss, ob ich den Radweg oder die Straße nutzen soll. Da es sich bei einem Velomobil um ein mehrspuriges Fahrzeug handelt, besteht hierfür keine Radwegebenutzungspflicht!
Tja … was soll ich sagen … immer wenn ich mich für den Radweg entschieden habe, wurde ich nach kurzer Zeit dafür bestraft! Entweder war der Radweg, besser gesagt die Fahrbahn, in einem katastrophalen Zustand, extrem schmal (Gegenverkehr!), durch Baustellen unterbrochen oder endete schon nach wenigen Metern wieder überraschend. Aber auch die Straße war wegen der PKW und LKW nicht immer die bessere Wahl! Ideal sind Strecken mit Tempo-30 Limit; hier kann ohne große Anstrengung im Verkehr mitschwingen, ohne überholt zu werden.
Trotz Navi habe ich an der ein oder anderen Stelle dann doch noch etwas länger gebraucht, um den richtigen Weg zu finden. Nach knapp 2 Stunden und 46km bin ich dann auf der Arbeit angekommen und hab mein Rad in der Tiefgarage abgestellt. Nochmals 15 Minuten später war ich fertig geduscht und umgezogen.
Nach Feierabend ging es auf einer anderen Route zurück nach Hause. Auch hier wieder die Frage: Radweg oder Straße? Diese Strecke hat mir jedoch überhaupt nicht gefallen! Es gab zu viele Ampeln und die grüne Welle schafft man nur mit Tempo 50 … mit dem Rad habe ich deshalb stets anhalten müssen. Gemütlich cruisen ist was Anderes, denn der Puls geht bei jedem Ampelsprint ganz schön hoch und das Runterbremsen ist frustrierend weil ineffizient!
Erstes Fazit nach wenigen Tagen
Natürlich ist die Euphorie zu Beginn immer groß ist und mein erstes Fazit fällt überwiegend positiv aus!
Das Ruhrgebiet ist auch GRÜN!
Am meisten hat mich beeindruckt, dass es selbst in Revier-Städten wie Duisburg erstaunlich viel Grün gibt und man abseits der Hauptstraßen entspannt radeln kann! Meine Routenplanung bzw. -Optimierung ist noch lange nicht abgeschlossen; stets versuche ich die Strecke zu verbessern und teste alternative Routen.
Einfach besser drauf sein!
Da ich Radfahren liebe und genieße, bin ich an den Tagen an denen ich mit dem Rad pendeln kann einfach besser drauf. Und wenn ich dann wieder zuhause angekommen bin, hab ich für den Tag auch ausreichend trainiert und fahre nicht nochmal mit dem Rad los oder gehe ins Fitness-Studio. Wenn ich dagegen morgens und abends im Stau gestanden habe … .
Sicher durch den Berufsverkehr!
Die größten Bedenken hatte ich wegen des Berufsverkehrs und meiner Sicherheit! Fast Jeder mit dem ich über das Thema rede fragt mich: „Bist Du lebensmüde?“ oder „Die fahren Dich doch tot“. Das entspricht zum Glück überhaupt nicht der Realität. Wenn ich auf der Straße fahre, dann halten die Autofahrer fast immer ausreichend Abstand. Oftmals fahren sie auch erst längere Zeit hinter mir her, bevor sie dann überholen. Das liegt natürlich auch daran, dass sie noch nie ein Velomobil gesehen haben und deshalb gar nicht wissen, was da vor ihnen her fährt und wie schnell es fahren kann. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, sprich rücksichtslose Autofahrer! Aber ich fahre stets defensiv und vorausschauend; so gab es bisher zum Glück keine brenzligen Situationen.
Abgesehen davon … das Autofahren auf der Autobahn und im Stadtverkehr ist auch nicht ungefährlich!
Schneller am Ziel? Nein!
Bei vielem Rad-Pendlern mag das anders sein; aber aufgrund der großen Entfernung bringt es mir keinen Zeitvorteil! Ich brauche für die Strecke mit dem Auto 1 bis 1,5 Stunden. Selbst bei idealer Strecke und gutem Trainingszustand brauche ich mit dem Rad ca. 1:45 Stunden plus 15 Minuten für´s Duschen und Umziehen. Deshalb fahre ich nur mit dem Rad, wenn ich keine frühen oder sehr späten Termine habe!
Und sonst?
Ich denke, über alle weiteren Vorteile des Pendelns wurde/wird schon genug in alle Medien rauf und runter diskutiert … kostengünstig, gesünder, umweltfreundlich etc.. Stimmt!
Und wie geht es weiter?
Der Sommer steht vor der Türe und damit steigt auch meine die Motivation, weiterhin mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Aber auch nur so lange es mit Beruf und Familie vereinbar ist, denn wie zuvor beschrieben muss ich dafür pro Tag ca. 4 Stunden Zeit einplanen. Zum Glück habe ich den Luxus, dass ich teilweise auch von zuhause arbeiten kann, so dass ich künftig hoffentlich nur noch selten mit dem Auto ins Büro fahren muss. Und nach dem Sommer werden wir sehen wie es weiter geht, wenn das Wetter dann unfreundlicher und die Tage kürzer werden. Ich werde in jedem Fall weiter berichten!
Und Ihr so?
Natürlich interessiert es mich wie Ihr zu dem Thema steht und welche Erfahrungen Ihr gemacht. Ich freue mich auf Eure Kommentare!
..empfehle sehr eine Kombi aus Bahn und Rad im Pendelverkehr. Das ist CO2 günstig und viel stressfreier als alles andere
Gruß Theo Düttmann
Hi Theo! Ja das ist in vielen Fällen wohl die beste Kombination; hab ich auch bei meinem früheren Arbeitgeber zeitweise so gemacht.
Hallo Roadrunner,
kann man irgendwo deine Strecke sehen? Ich pendele auch seit einiger Zeit von MH nach Düsseldorf und habe gemerkt, dass man besser 2 oder 3 km Umweg macht, wenn die Strecke besser ist (also weniger Ampeln, weniger Autos, besserer Belag, mehr Grün, etc.).
Bei der Kostenbilanz muss man aber auch noch einrechnen, dass man mehr essen muss… 🙂
Hi Superstahlmann 😉 Ich schicke Dir meine Strecke gleich mal per Mail; bin für neue Routenvorschläge immer dankbar!
Bin heute zufällig auf deine Seite gestolpert. Interessiere mich auch schon einige Zeit für ein Velomobil. Echt toll was du hier anbietest.
Wie ist die Topografie deiner Strecke?
Wie schnell darf auf den Straßen gefahren werden die du benutzt?
Komme aus Baden-Württemberg. Hier ist es bestimmt nicht so einfach mit einem VM zu fahren. Da sind auf 50 Km Stecke schnell 1000 hm drin.
Macht ein VM da überhaupt Sinn?
Habe mal vor 2 Jahren ein VM bei uns gesehen.
Im Rheinland hat man es da bestimmt einfacher.
Hi, also hier im Ruhrgebiet ist es eher flach; es sei denn man fährt auf die Halden. So gesehen macht ein VM hier durchaus Sinn. Würde ich im Bergigen leben, wäre ein VM vermutlich nicht meine erste Wahl, weil zu schwer für steile Anstiege. Aber es gibt auch viele Bekannte aus Süddeutschland, die problemlos damit mal eben über die Alpen kraxeln. Am besten mal im VM-Forum vorbeischauen: velomobilforum.de . Beste Grüße und allzeit sichere Fahrt!
Huhu!
Ich kenne diese Verwandlung vom Autopendler zum Fahrradpendler ganz gut. Ich benutze allerdings kein Velomobil – sehe aber öfter mal welche auf meinen Strecken. Zu meiner Historie:
Ich bin ab 2011 für sieben Jahre per Auto von der Region Karlsruhe nach Stuttgart gependelt – 86 Kilometer eine Strecke, davon rund 70 über die A8, die der A3 vielleicht nicht den Rang abläuft, aber dennoch unglaublich nervig ist – insbesondere seit der Engpass bei Pforzheim (vierstreifig durch eine Senke mit kurzer „Kriegsautobahn“-Ausfahrt) durch Industrie- und Gewerbeausbau zwischen Pforzheim und Stuttgart noch stärker belastet wird. Aus nicht nur pendlerischen Gründen wechselte ich zuerst nach Bruchsal (40km eine Strecke) und dann nach Karlsruhe.
Ab Mitte 2018 pendelte ich fast ausschließlich mit dem ÖPNV – 50-60 Minuten eine Strecke, Luftlinie ca. 15 Kilometer, über Waldwege 17km, über ganz gut fahrradtaugliche 19,5km. Manchmal bin ich die 17-Kilometer-Strecke oder auch die 20-Kilometer-Variante (mit eng getaktetem Straßenbahnverkehr und Haltestellen alle 800m, falls man mal nicht mehr kann) gelaufen. Dann schenkte mir mein Schwiegervater sein altes Mountainbike, weil er auf ein E-Bike umstieg. Gegenüber 1:40-2:00 Laufzeit zur Arbeit (und sicher nicht realistischer Machbarkeit von 2x20km am Tag, 5 Tage die Woche) sind die 49 bis 55 Minuten, bei starkem Gegenwind auch mal eine Stunde mit dem Fahrrad nicht langsamer als der ÖPNV, aber flexibler und dazu gesünder. Speziell in der aktuellen Zeit lasse ich den Pendlern, die auf den ÖPNV angewiesen sind, dann gerne mehr Platz in der S-Bahn und fahre Fahrrad, wo ich dann auch keinen Mundschutz brauche. Mein Arbeitgeber (das Land Baden-Württemberg) unterstützt auch das Radfahren mit Duschen und Umkleiden, wenn auch manchmal etwas zögerlich und bürokratisch.
Ich bin total froh, nach einer Kollision mit einem Geländewagen mit 17 und dem mit der resultierenden Angst verbundenen Ende meiner Rennrad-„Karriere“ das Radfahren so wieder in mein Leben gebracht zu haben. Am 01.12.2019 habe ich das Radfahren wieder angefangen, seit 01.03.2020 bin ich nicht mehr die ganze Strecke zur Arbeit mit dem ÖPNV gefahren (zweimal beim Laufen habe ich konditionsbedingt fünf Kilometer Straßenbahn genutzt, einmal beim Radfahren sturmbedingt aus Angst mein Fahrrad neun der 20 Kilometer mit der Straßenbahn befördert).
Das Radfahren zur Arbeit – und insbesondere die Heimfahrt – geben mir nicht nur Fitness und Gesundheit jeden Tag, sondern auch eine schöne Aktion, um Distanz zu den Ärgernissen auf Arbeit aufzubauen. Das Velomobil interessiert mich eher als „ich guck’s an und find’s cool“, für mich kommt eher wieder ein Rennrad als Gegenpol zum Mountainbike in Frage, Rucksack beim Radfahren macht mir nichts aus.
Auch wenn ich in Süddeutschland fahre, ist aber das Gewicht kein Problem, da die Oberrheinischen Tiefebene flacher ist als so manches Stück Norddeutschland.
Viele liebe Grüße und – uff, was schreib‘ ich hier für Romane!
Talianna
Hi Talianna,
vielen Dank für Deinen „Roman“ und die geschilderten Erfahrungen! Bleib gesund und fit!
Gruß
R.
90 Kilometer sind schon eine Hausnummer, Respekt! Ich habe dieses Jahr die Vorzüge des Fahrradfahrens bis in die Arbeit kennen gelernt und möchte das gar nicht mehr anders machen. Man fühlt sich in der Arbeit so….naja irgendwie moralisch gut 🙂 Und man kann das Mittagessen mit gutem Gewissen vertilgen 😉
Mach weiter so mit Deinem Blog,
Uwe