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Wer, wie ich, ganzjährig mit dem Rad fährt und Radsport betreibt, der hat sich garantiert auch schon mit der Frage beschäftigt, was man idealerweise “drunter“ trägt … besonders in der kalten Jahreszeit. Denn wenn man sich warm anzieht um sich vor Wind und Kälte zu schützen, dann wird’s drunter schnell zu warm und feucht … und damit früher oder später auch wieder kalt. Gleiches gilt, will man sich vor Regen schützen.
Also habe ich mich mal im Outdoor-Bereich umgesehen und bin dabei auf Merino-Wolle gestoßen. Ähnliches Feedback habe ich von anderen radfahrern bekommen!??? Für mich war es bisher unvorstellbar “Wolle“ beim Sport zu tragen! Viel zu warm und es kratzt beim Tragen auf der Haut! So meine bisherigen Erfahrungen.
Merinowolle? Was ist das eigentlich genau?
Diese spezielle Wolle stammt, wie der Name schon sagt, von den Merinoschafen in Neuseeland und hat im Vergleich zu normaler Wolle eine Faserstärke, die nur halb so groß ist, wie die Wolle von anderen Schafen. Deshalb kratzt Merinowolle auch nicht auf der Haut … im Gegenteil; sie fühlt sich weich und kuschelig an … sagt man! Außerdem soll sie viel Feuchtigkeit aufnehmen bzw. von der Haut wegtransportieren und trotzdem selbst in feuchtem Zustand dabei noch wärmen und an warmen Tagen kühlen.
Ein weiterer Vorteil: Im Vergleich zu normaler Baumwolle oder zu synthetischen Funktions-Shirts riecht Merinowolle selbst nach mehrmaligem Tragen nicht nach Schweiß! Durch den Aufbau der Fasern können Bakterien bei Merinowolle nicht anhaften. Zudem enthalten diese Fasern Kreatin, wodurch die Wolle sich selbst reinigt. Klingt irgendwie zu schön um wahr zu sein!
Das muss ich probieren!
Es ist Winter in Deutschland; es liegt zwar kein Schnee im Ruhrgebiet, aber draußen ist es kalt, windig und teilweise regnerisch … also genau die richtigen Bedingungen für meinen Test. Dazu habe ich mir zwei Kurzarm-Shirts (Baselayer) gekauft; von Bergans (Sveve Wool T-Shirt) für 59€ und von Dilling für 39€; beide Shirts sind zu 100% aus Merino-Wolle.
Direkt nach dem Anziehen ist mir sofort aufgefallen, dass sich die Merino-Shirts angenehm weich und warm auf der Haut anfühlen. Das ist schon mal ein deutlicher Unterschied zu meinen anderen synthetischen Shirts, die ich üblicherweise drunter trage und die sich zu Beginn stets kalt anfühlen.
Aber wichtiger ist die Frage, wie es bei sportlicher Betätigung aussieht. Wenn ich mit dem MTB unterwegs bin, dann trage ich über dem Baselayer ein Trikot (kurz oder lang je nach Temperatur) und darüber eine Softshell- oder Regenjacke. Im Velomobil trage ich dagegen im Winter nur die Softshelljacke oder ein Langarm-Trikot drüber.
Erstes Ergebnis nach mehreren stundenlangen Touren
Obwohl ich sehr skeptisch war, weil ich recht stark schwitze, muss ich zugeben, dass Merinowolle spürbar besser ist als Alles was ich bisher getragen habe: Das Körperklima während des Trainings ist deutlich trockener als zuvor! Bei meinen synthetischen Shirts fühlte es sich bereits nach 30 Minuten viel feuchter und kälter an; bei Shirts aus reiner Baumwolle war es noch schlimmer! Auch der Temperaturausgleich gelingt den Merino-Shirts so gut, dass man weder friert noch überhitzt … total unauffällig eben! Richtig funktioniert der Ausgleich von Körpertemperatur und -feuchtigkeit aber nur, wenn auch die oberen Bekleidungsschichten wie Trikot und Jacke atmungsaktiv sind!
Und ich konnte es kaum glauben: Es riecht nicht mehr unangenehm! Nicht während des Trainings und auch danach nicht. Wenn ich die Merino-Shirts nach dem Training zum Trocknen aufhänge, kann ich sie später ungewaschen wieder bedenkenlos tragen. Das ist besonders auf mehrtägigen Touren von Vorteil, denn dann muss ich weniger Gepäck mit mir rumschleppen!
Mein Fazit nach nur 6 Wochen
Merinowolle trägt sich spürbar angenehm auf der Haut und ist doch zugleich „unauffällig“, denn sie wärmt oder kühlt je nach Situation, transportiert Feuchtigkeit vom Körper weg und sie riecht nicht! Ein Jammer nur, dass ich das nicht schon früher für mich erkannt habe!
Ich bin gespannt wie meine Merino-Shirts bei wärmeren Temperaturen funktionieren bzw. wo die Grenzen sind. Auch kann ich nach mehreren Wochen noch nicht sagen, wie haltbar die Shirts auf Dauer sind. Waschen sollte man Merino-Wolle eigentlich von Hand; ich stecke sie in die Waschmaschine (Wollprogramm) … Null Problemo!
Schon während der ersten Wochen habe ich mir weitere Merino-Shirts zugelegt und trage sie jetzt auch im Alltag, denn Merino-Wolle hat mich absolut überzeugt und der höhere Anschaffungspreis ist m.E. vollkommen gerechtfertigt! Weitere Kleidungsstücke aus Merinowolle wie Socken oder lange Unterhosen werden sicherlich folgen.
Danke für diesen Testbericht – bin auch gerade am Überlegen auf Merino umzusteigen. Konntest du einen Unterschied zwischen den beiden im Test erwähnten Shirts feststellen oder ist das 40 Euro Shirt auch schon o.k.?
Hi Michael! Die preiswerten Merinoprodukte von Dilling sind super! War auch skeptisch bei dem Preis, aber es sind Bio-Produkte und sie sind zertifiziert. Auch sind sie dicker vom Material (ist halt Unterwäsche), fühlen sich super weich an sind bisher nicht zu warm. Meine Frau und Tochter schwören mittlerweile auch drauf. Habe mir in den letzten Wochen auch Shirts von anderen Herstellern gekauft … sind irgendwie alle unterschiedlich und doch liebe ich sie Alle … einfach super dieses Material! Also einfach selbst testen; kannst nichts verkehrt machen!
Hallo roadrunner, erstmal Danke für den Test und noch ’ne kurze Nachfrage. Machte es einen Unterschied, vom Tragegefühl her während der Touren, ob Du die Shirts auf dem MTB oder dem Velomobil trägst? Beim MTB ist man ja doch mehr dem Wind ausgesetzt und da kann ich mir vorstellen, dass es trotz allem eher etwas kühler wird.
HI! Das ist eine gute und nicht einfach zu beantwortende Frage 😉
Beim MTB ist man natürlich mehr dem Wind ausgesetzt, weshalb man eher etwas drüber trägt. Und genau dann wird es drunter schneller warm und feucht. Das gilt auch für Merinowolle, besonders dann, wenn die obere Schicht nicht besonders atmungsaktiv ist. Aber selbst dann funktioniert Merinowolle nach meiner Erfahrung besser als andere Textilien, weil sie immer noch wärmt bzw. man nicht friert, selbst wenn sie nass ist. Und sie trocknet schneller nach der Tour bzw. man kann sie auch schnell mal während einer Pause zum Trocknen ausziehen.
Beim Velomobil habe ich natürlich mehr Windschutz und ich versuche möglichst nur ein Merino-Shirt zu tragen ohne was drüber. Ich denke diesen Sommer werde ich damit klarkommen und für den nächsten Winter werde ich mich auf die Suche nach einer Merino-Jacke für drüber machen. Meine Jacken aus Softshell und GoreTex sind zwar offiziell atmungsaktiv, kommen aber auch früher oder später an ihre Grenzen.
Schade, dass in diesem Test die Problematik der Haltung der Schafe völlig außen vor gelassen wurde. Als verantwortungsvoller Radsportler sollte man beim Kauf darauf achten, dass die Merinowolle aus Betrieben ohne Mulesing gewonnen wird. Dazu habe ich in der Artikelbeschreibung der genannten Produkte nichts gefunden, insofern ist davon auszugehen, dass die Wolle aus nichtmulesingfreier Haltung gewonnen wird, was auch schon der günstige Preis vermuten lässt.
Hallo Jörg, natürlich habe auch ich das Thema auf dem Schirm … dazu gibt es deshalb einen extra Blog-Beitrag von mir: https://velomobil.blog/merinowolle-2-0-hersteller-tierschutz-und-was-man-sonst-noch-wissen-sollte/. Sämtliche Hersteller von Produkten die ich nutze habe ich kontaktiert und sie haben überzeugend dargelegt, dass auch ihnen das Wohl der Tiere wichtig ist und deshalb nicht mit Mulesing-Betrieben kooperieren! Wirf selbst mal einen Blick auf deren Homepages … da findet man viele nützliche Infos.